Wenn du ernsthaft tradest — besonders mit Optionen, Short-Positionen oder großem Hebel — dann ist das Wort “Cushion” kein hübsches Finanz-Buzzword, sondern eine lebenswichtige Kennzahl. Die Cushion, ist dein Sicherheitsabstand zwischen dem aktuellen Kontowert und der vom Broker geforderten Mindestsicherheit (Maintenance Margin). Wer die Cushion nicht kennt oder ignoriert, riskiert nicht nur Gewinne, sondern im Worst Case auch, dass der Broker Positionen automatisch liquidiert — ohne Rücksicht auf deine geplante Strategie. In diesem Artikel erkläre ich dir, was Cushion genau bedeutet, wie sie berechnet wird, warum sie sich in Sekunden verändern kann und was du praktisch tun kannst, um sie zu managen und Margin Calls zu vermeiden.
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Worum geht es? Ein kurzer Überblick
Die Cushion ist ein Frühwarnsystem. Sie zeigt dir, wie viel Puffer du tatsächlich hast, bevor der Broker eingreift. Viele Trader schauen nur auf Gewinn/Verlust oder auf die Cash-Position. Das ist nicht ausreichend. Denn in volatilen Marktphasen ändern sich sowohl dein Kontowert (Net Liquidation Value) als auch die Maintenance Margin des Brokers — und das kann deine Cushion in Windeseile zusammenschrumpfen lassen.
In diesem Artikel findest du:
- Eine klare Definition und Formel der Cushion
- Eine Schritt-für-Schritt-Rechnung mit einem realistischen Crash-Beispiel
- Erklärungen, wie und warum die Marginanforderung sich ändert
- Konkrete Regeln und Schwellenwerte, wann du handeln solltest
- Praktische Strategien zur Cushion-Optimierung (Hedging, Position Management, Tools)
- Eine tägliche Checkliste und Notfallmaßnahmen, falls die Cushion gefährdet ist
Was ist die Cushion (Kaschen)? Definition und Formel
Formal ist die Cushion der relative Abstand zwischen deinem Net Liquidation Value (NLV) und der Maintenance Margin. Die gebräuchliche Formel lautet:
Cushion = (Net Liquidation Value – Maintenance Margin) / Maintenance Margin
Worauf sich die Begriffe beziehen:
- Net Liquidation Value (NLV): Das ist der tatsächliche Kontowert. Er umfasst Cash, den Marktwert aller offenen Positionen und die unrealisierte Gewinn- bzw. Verlustpositionen. Kurz: was auf deinem Brokerkonto tatsächlich “steht”, wenn alles sofort liquidiert würde.
- Maintenance Margin: Die Summe der Mindestsicherheiten, die dein Broker momentan für alle offenen Positionen verlangt. Das ist die Sicherheitsleistung, die du erbringen musst, damit deine offenen Trades gehalten werden dürfen.
Beispielrechnung: Wenn dein NLV 100.000 USD beträgt und die Maintenance Margin 60.000 USD ist, dann ist deine Cushion:
(100.000 – 40.000) / 1000.000 = 60.000 / 100.000 = 0,60 = 60 %
Das heißt: Du hättest ein Polster von rund 60 %. Klingt komfortabel — aber das ist nur eine Momentaufnahme.
Warum die Cushion dynamisch ist und sich schnell ändert
Die Cushion ist nicht statisch. Sie verändert sich sekündlich, weil sowohl die Bestandteile des NLV als auch die Maintenance Margin selbst schwanken. Hier die wichtigsten Ursachen für Änderungen:
- Marktpreisbewegungen: Jeder Tick verändert den Marktwert deiner Positionen — und damit den NLV.
- Volatilitätsanstieg: Steigt die Volatilität (z. B. VIX), erhöhen Broker in der Regel die Marginanforderungen, weil das Risiko größer wird.
- Positionsgrößen und Hebel: Große oder hoch gehebelte Positionen treiben in Stressphasen die Margin in die Höhe.
- Korrelationen im Portfolio: Sind viele Positionen stark korreliert (z. B. mehrere SPY-Shorts), kann das Portfolio in Stressphasen besonders riskant sein, weshalb Portfolio Margin die Anforderungen entsprechend anpasst.
- Portfolio Margin vs. reguläre Margin: Bei Portfolio Margin werden Wechselwirkungen zwischen Positionen berücksichtigt — das kann die Marginanforderung verringern oder erhöhen, je nach Zusammensetzung. Bei Standard-Regelmargin (z. B. Reg-T) wird anders gerechnet.
Wichtig: Broker berechnen die Maintenance Margin häufig in Echtzeit oder in sehr kurzen Intervallen. In Marktphasen mit schnell steigender Volatilität kann also innert Minuten oder Stunden aus einer entspannteren Cushion schnell eine gefährliche Situation werden.
Ein konkretes Rechenbeispiel: Wie schnell Cushion schrumpfen kann
Das folgende Beispiel ist absichtlich einfach gehalten, zeigt aber eindrücklich, wie robust oder fragil deine Cushion sein kann.
- Ausgangssituation:
- Net Liquidation Value (NLV): 100.000 USD
- Maintenance Margin (MM): 60.000 USD
- Cushion: (100.000 – 40.000) / 100.000 = 60.000 / 100.000 = 0,60 → 60 %
- Marktereignis:
- SPY fällt an einem Tag um 10 % (Dein Portfolio besteht aus vielen SPY-Short-Puts)
- Der VIX (Volatilitätsindex) verdoppelt sich
- Brokerreaktion (konservativ angenommen):
- Maintenance Margin wird um 25 % erhöht (von 60.000 auf 75.000 USD)
- Dein NLV sinkt durch realisierte/unrealisierte Verluste auf 85.000 USD
- Neue Cushion-Berechnung:
- Cushion = (85.000 – 75.000) / 85.000 = 10.000 / 85.000 ≈ 0,11 → 11 %
Ergebnis: Innerhalb eines Tages ist deine Cushion von 60 % auf 11 % zusammengeschrumpft. Bei einer Cushion in dieser Größenordnung besteht konkrete Gefahr, dass der Broker Positionen liquidiert oder du einen Margin Call bekommst. Und das passiert oft in Stunden oder sogar Minuten — nicht Tagen.
Was passiert, wenn die Cushion zu klein wird?
Wenn die Cushion gefährlich niedrig ist, reagiert der Broker meistens automatisch:
- Er fordert zusätzliche Sicherheiten (Margin Call).
- Wenn du nicht nachschießt, beginnt der Broker, Positionen zu liquidieren — in der Regel zuerst diejenigen, die sich am schnellsten und sichersten in Geld umwandeln lassen.
- Du hast oft keine Kontrolle mehr über die Reihenfolge der Liquidation, außer du hast vorher in der Plattform Einstellungen getroffen.
- Im Extremfall kann es passieren, dass dein Konto ins Minus rutscht und du dem Broker Geld schuldest.
Ein realistisches Horrorszenario: Ein Trader geht schlafen mit einem hohen Depotwert und wacht mit einem deutlich negativen Saldo auf — die Positionen wurden während der Nacht liquidiert oder die Margin-Anforderungen haben sich so stark verändert, dass Verluste entstanden sind, die der Broker in Rechnung stellt.
Praktische Anleitung: Wo findest du die Cushion in der Trader Workstation (TWS)?
Wenn du Interactive Brokers (TWS) nutzt, kannst du deine Cushion direkt im Trader Dashboard anzeigen lassen:
- Öffne die Trader Workstation.
- Gehe im Menü zu “Anzeigen” und wähle “Trader Dashboard”.
- Im Dashboard sollte die Cushion angezeigt werden. Falls nicht, klicke auf das Einstellungssymbol (Zahnrad) und aktiviere die Anzeige der Cushion.
Wenn du eine andere Plattform nutzt, suche in den Kontoinformationen oder dem Margin-Bereich nach Begriffs-Äquivalenten wie Cushion, Margin Buffer, Liquidation Buffer oder Net Liquidation Ratio. Viele Broker bieten auch Benachrichtigungen oder Alarme an, wenn die Cushion unter einen bestimmten Wert fällt — nutze diese Funktion!
Welche Cushion-Werte sind sinnvoll? Meine Empfehlung!
Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wie viel Cushion “ausreichend” ist. Das hängt von deinem Risikoprofil, deiner Strategie und deinem Schlafbedürfnis ab. Hier sind meine persönlichen Richtwerte — orientiere dich daran, passe sie aber an deine Bedürfnisse an:
- 75–100 % (0,75–1,0): Optimal. Du kannst ruhig schlafen und hast Raum, um Marktbewegungen abzufedern.
- 60–75 %: Akzeptabel. Solange du dich dessen bewusst bist und in den nächsten Tagen keine großen Ereignisse erwartest, ist das in Ordnung.
- 50–60 %: Vorsicht. Nur für kurzfristige Situationen oder wenn du sicher bist, dass du Positionen bald schließen wirst.
- < 50 %: Gefährlich. Ich meide solche Werte, weil das Risiko eines plötzlichen Margin Calls hoch ist.
Merke: Diese Zahlen sind keine Garantie — sie sind Orientierungswerte. In extremen Marktphasen kann selbst eine Cushion von 0,5 sehr schnell auf 0,1 oder weniger fallen.
Konkrete Maßnahmen zur aktiven Cushion-Steuerung
Die Cushion zu kennen ist nur der erste Schritt. Du musst sie aktiv managen. Hier eine Liste von Maßnahmen, die du anwenden kannst — priorisiere nach Dringlichkeit und deinem Handelsstil.
Kurzfristige Sofortmaßnahmen (wenn die Cushion gefährlich niedrig ist)
- Schließe Teile deiner riskantesten Positionen (zuerst die hoch korrelierten oder hoch gehebelten Trades).
- Verkaufe kurzfristig Liquide Positionen, um Cash zu schaffen.
- Schiebe Limit- oder Stop-Orders, um Verluste zu begrenzen (achte auf Slippage bei extremen Bewegungen).
- Überlege, ob du zusätzliche Mittel nachschießt — das ist oft teurer als Positionsanpassung, kann aber in bestimmten Fällen sinnvoll sein.
- Kontaktiere deinen Broker, wenn du aufgrund außergewöhnlicher Umstände Unterstützung brauchst.
Mittelfristige Strategien
- Hedging mit Long-Puts: Long-Puts auf den Gesamtmarkt (z. B. SPY) können dein Tail-Risiko reduzieren. Das senkt in der Regel die Marginanforderung, weil dein potenzieller Verlust begrenzt wird. Mehr dazu findest du hier!
- Reduktion von Short-Konstellationen: Viele Short-Puts oder Short-Option-Strategien erhöhen Margin massiv. Reduziere die Anzahl oder streue die Laufzeiten.
- Positionsgrößen anpassen: Kleinere Positionsgrößen bedeuten niedrigere Marginanforderungen und eine stabilere Cushion.
- Mehr Diversifikation: Reduziere Korrelationen in deinem Portfolio. Ein gut diversifiziertes Portfolio verlangt oft weniger Margin als ein stark korreliertes Portfolio.
Langfristige Prävention
- Stress-Tests und “What-If”-Szenarien: Simuliere regelmäßig Marktcrashs (z. B. SPY -10 %, VIX x2) und prüfe die Auswirkungen auf Cushion.
- Liquiditätsplanung: Halte eine Reserve an Cash oder sehr liquiden Assets bereit, um kurzfristig Margin-Anforderungen bedienen zu können.
- Kontoreglement kennen: Lies die Margin-Dokumente deines Brokers — wie schnell darf er liquidieren, welche Positionen werden zuerst verkauft usw.
- Liquidationspräferenzen einstellen: Manche Plattformen erlauben, die Reihenfolge der Liquidation zu definieren. Nutze diese Einstellungen, wenn du sie kontrollieren willst.
Wie Hedging die Cushion verbessert: Praxis und Vorsicht
Hedging ist ein mächtiges Werkzeug: Long-Puts, Diversifizierung oder korrelationsarme Assets reduzieren in vielen Fällen die Maintenance Margin, weil das Risiko des Gesamtportfolios sinkt. Ein paar Hinweise zur praktischen Umsetzung:
- Long-Puts begrenzen dein Verlustrisiko und können Marginanforderungen in Drawdown-Situationen stabilisieren.
- Hedging kostet: Prämien für Optionen sind nicht gratis. Du musst abwägen, ob die Kosten für Hedging die potenziellen Verluste und Margin-Risiken rechtfertigen.
- Hedging ist keine Freikarte für Vollhebel. Auch wenn du gut gehedged bist, bleibt die Cushion dynamisch.
- Nutze Hedging gezielt für Tail-Risiken (große Marktbewegungen), nicht zur Absicherung jeder kleinen Bewegung.
Tools und Einstellungen, die du nutzen solltest
Die Plattform bietet häufig nützliche Funktionen, die dir helfen, deine Cushion zu überwachen und Margin-Risiken zu minimieren:
- Trader Dashboard / Account View: Cushion-Anzeige aktivieren, NLV und Maintenance Margin als Standardwerte anzeigen lassen.
- What-If-Analyse: Simuliere Kursveränderungen und Volatilitätssprünge, um zu sehen, wie sich die Cushion verändern würde.
- Liquidationsrichtlinien: Falls verfügbar, definiere die Reihenfolge, in der Positionen liquidiert werden sollen (z. B. zuerst bestimmte Hebelprodukte).
- Order-Management: Halte Limit-Orders und Risk-Orders bereit, um in Stresssituationen schneller reagieren zu können.
Notfallplan: Was du sofort tun solltest, wenn die Cushion stark fällt
Falls die Cushion plötzlich stark einbricht, folge diesem einfachen Notfallplan:
- Ruhe bewahren — Panik führt zu schlechten Entscheidungen.
- Schnell-Check: Welche Positionen verursachen den größten Anstieg der Marginanforderung?
- Liquidierbare, stark korrelierte oder illiquide Positionen priorisiert schließen.
- Falls verfügbar, verwende vorab definierte Orders (z. B. “liquidate these first”).
- Wenn du Mittel nachschießen kannst und willst: Überweise sie schnell oder nutze Margin-Funktionen des Brokers.
- Wenn alles fehlschlägt: Akzeptiere kontrolliert Verluste statt passiv hohe Liquidationen zuzulassen.
Ein Fallbeispiel zur Mahnung
Ein Trader schloss seine Positionen abends und ging schlafen. Am Morgen war der Depotwert drastisch gesunken und das Konto wies einen negativen Saldo auf — der Trader schuldete dem Broker 60.000 USD. Solche Fälle passieren, weil Marginanforderungen und Marktbewegungen nicht pauschal vorhersehbar sind. Das zeigt: Lebenswichtige Regeln sind nicht optional:
- Überschätze niemals die Stabilität deiner Cushion
- Habe immer einen Plan für extreme Fälle
- Vermeide übermäßigen Hebel, besonders bei stark korrelierten Positionen
Fazit: Cushion aktiv managen — nicht ignorieren
Die Cushion ist dein Frühwarnsystem. Sie zeigt dir, wie viel “Spielraum” du tatsächlich gegenüber deinem Broker hast, bevor dieser eingreift. Das bedeutet: Tägliche Überprüfung, regelmäßige What-If-Analysen, Hedging und klare Regeln für den Umgang mit Short-Positionen müssen zur Routine werden. Setze dir feste Schwellenwerte, richte Alarme ein und habe einen Notfallplan. Nur so überstehst du Crashs oder extreme Volatilität, ohne dass dein Konto unkontrolliert liquidiert wird oder du dem Broker Geld schuldest.
Kurz zusammengefasst:
- Verstehe die Formel: Cushion = (NLV – Maintenance Margin) / NLV
- Behalte die Cushion täglich im Blick — am besten automatisiert mit Alerts.
- Hedge Tail-Risiken (z. B. mit Long-Puts), reduziere korrelierte Shorts und passe Positionsgrößen an.
- Führe regelmäßige Stresstests durch, um zu sehen, wie sich Marktcrashs auswirken würden.
- Handle proaktiv bei Sinkflügen der Cushion, anstatt auf einen Margin Call zu warten.
“Die Cushion ist nichts Statisches — sie ist dynamisch und verändert sich ständig. Tägliches Checken und aktives Managen gehört zu den Hauptaufgaben eines Traders.”
Viel Erfolg beim Trading — und denk daran: Sicherheit zuerst.